Sonntag, 14. Januar 2024

Vom gelben Vogel, der seltsame Sachen machte – Niederlausitzer Tierfotos -

Oder wie eine Goldammer spontan einen kleinen Arbeitsablauf baute.

Tiere machen manchmal seltsame Sachen. Doch sie tun das selten ohne Grund. Vögel sind da keine Ausnahme.
Goldammer-Männchen auf dem Vordach vom Stellwerk Abzweig Lindthal.
Das Stellwerk Abzweigstelle Lindthal befand sich etwas abgelegen im Wald der Lindthaler Bauernheide. Damit bot es, zwischen den Zugfahrten, gute Voraussetzungen für interessante Tierfotos. So auch im kühlen Frühjahr 2016.
Kohlmeise bei der Arbeit auf dem Stellwerk Abzweig Lindthal.
Ein kleiner Schwarm Kohlmeisen hatte sich um die unter dem Vordach hängenden Meisenkugeln versammelt. Kurz danach gesellte sich ein gelber sperlingsgroßer Vogel dazu. Aufmerksam verfolgte er das Treiben um die Meisenkugel.
Goldammer-Männchen beim Aufsammeln der von den Kohlmeisen
fallengelassenen Getreidekörnern.
Herunterfallende Getreidekörner sammelt er sofort auf. Nachdem er das Getreidekorn im Schnabel geprüft hatte, verschwand er in der Dachrinne des Vorbaus vom Stellwerk.
Goldammer mit Ziel Dachrinne.
Nach etwa einer Minute tauchte er wieder auf. Sein nächstes Ziel, der umlaufende Blitzableiter auf dem Vordach. Besonders das kleine Betonstativ des Blitzableiters hatte es ihm angetan. Das wurde erklettert. Mit einer sehr schnellen Kopfbewegung warf er das Getreidekorn auf das Betonstativ.
Goldammer-Männchen wirft eingeweichtes Getreidekörnchen gegen dem Blitzableiter.
Prallte es ab, wurde es sofort wieder aufgesammelt und der Vorgang wiederholte sich. 
Aufgesammelt und das Ganze noch mal.
Es war nicht schwer den Vogel bei seinem Treiben zu fotografieren. Nur der Augenblick des Wurfs des Getreidekorns auf den Blitzableiter, stellte sich als schweres fotografisches Problem heraus. Die alten welligen Glasscheiben des Fensters führten zu Fehlfokussierungen. Und bei dem nicht gerade üppigen Licht, spendierte die kleine Kamera nur 1/60zigstel Sekunde, mehr nicht. Zu langsam für die flinke Kopfbewegung des Goldammer-Männchens. Nach geschätzten fünfzig Versuchen gelang dann mal ein Foto des Körnchenfluges. Hatte das jeweilige Körnchen ein bestimmtes Stadium erreicht, wurde es im Schnabel einige Zeit hin und her bewegt.
Goldammer dreht und wendet das Getreidekorn im Schnabel.
Goldammer-Männchen, durchgekaut und am Blitzableiter fallen gelassen.
Danach einfach fallen gelassen. Ziel dieser seltsamen Arbeit des Vogels war offenbar das Zertrümmern der Getreidekörner, um an einen bestimmten Inhalt zu gelangen.
Offenbar hatte der Vogel eine clevere Methode entwickelt, um die von den Kohlmeisen verschmähten Getreidekörner zu bearbeiten und damit für sich nutzbar zu machen. Im Laufe der Schicht hatte der kleine Vogel so einen regelrechten kleinen Wall an zertrümmerten Körnern um den Blitzableiter angehäuft. Welchen Inhalt der Getreidekörner ihn besonders interessierte, war wegen seiner flinken Bewegungen nicht zu erkennen. Doch die Vermutung liegt nahe, dass es der Keimling sein könnte.

Fand eine der häufigen Zugfahrten statt, verschwand der Schwarm samt Goldammer. Zwischenzeitlich tauchte ein Buchfink auf. Die Vorbeifahrt der Züge nutzte er, um immer mal von der kleinen Halde zu profitieren. Ihm schienen die Körnerreste um den Blitzableiter verführerisch genug, um selbst eine Dampflok zu ignorieren.
Buchfink-Besuch am Goldammer-Arbeitsplatz.
In unserer Sichtweise als Menschen, unterschätzen wir oft Tiere und ihre geistigen Fähigkeiten. Hier hat ein kleiner Vogel recht spontan eine regelrechte Kette an Abläufen entwickelt, um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen. Dazu hat er die Arbeit der Kohlmeisen mit genutzt. Eine erhebliche Leistung für das kleine Vogelhirn.
Goldammer-Männchen hat ganze Arbeit geleistet.
Gegen Mittag war die letzte Meisenkugel alle. Mit dem Kohlmeisenschwarm verschwand auch das Goldammer-Männchen. Dem Buchfinken schien die plötzliche Einsamkeit auch nicht geheuer. Zurück blieb ein kleiner Ring an zertrümmerten Getreidekörnern um den Blitzableiter.

Wikipedia: Vogelporträt der Goldammer

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Blog: Mit 8 Megapixeln durch die Niederlausitz.

Autor: Vel Thurvik
Fotos: Vel Thurvik

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