Geologie - Neuigkeiten vom Fischwasserquarzit -
Der Steinbruch im Wald zwischen Lugau-Fischwasser ist heute nur noch als wassergefülltes Restloch zu sehen. Hier wurde in historischen Zeiten ein hellgraues Gestein, mit der geologischen Bezeichnung Fischwasserquarzit, gefördert.Abbildung 1: Grauwacke von Fischwasser. |
Abbildung 2: Steinbruch heute, ein kleines Naturparadies. |
Was ist der Fischwasserquarzit? Und was macht ihn so besonders?
Geologisch wird dieses Gestein der Rothstein-Formation zugeordnet, zu der auch der Rothsteiner Felsen, der Prestewitzer Quarzit und der Hornberg-Quarzit gehören.Stratigraphisch sind diese Gesteine Teil der Lausitzer Gruppe, die wiederum an den Lausitzer Block angrenzt, der sich über weite Teile der südlichen Niederlausitz und Ostsachsens erstreckt.
Die Farbe des Fischwasserquarzits kann variieren. Überwiegend besitzt er eine lichtgraue bis mittelgraue Farbe. Oft ist er von dunkelgrauen bis blaugrauen Flecken durchsetzt. Es gibt jedoch auch Quarzitvarianten die gelbliche Farben aufweisen können. Verursacht wird dieser Effekt durch eine gelbe Patina beim Kontakt mit eisenhaltigem Wasser.
Abbildung 3: Verschiedene Quarzitvarianten vom Steinbruch Fischwasser |
Vor etwa 540 Millionen Jahren schlossen sich die Tiefseebecken und das entstandene Gestein wurde es zu einem großen Gebirge aufgefaltet, dem Cadomischen Gebirge. Es reichte von Westspanien über Teilen Frankreichs, Mitteleuropa, bis in die heutige Türkei. Das von Südwesten kommende ehemalige Gebirge, biegt hier in Richtung Südosten ab.
Vom Zeitalter her gehören diese Gesteine in das Neoproterozoikum III. Um es zeitlich einzuordnen: Das Zeitalter begann vor 1 Milliarde Jahren und endete mit dem Beginn des Kambriums vor 545 Millionen Jahren.
Stratigraphische Tabelle Neoproterozoikum, Beginn Paläozoikum zur Einordnung des Rothstein-Formation und damit des Fischwasserquarzits |
Zwar reicht die Rothstein-Formation im Untergrund noch weiter nach Norden und wurde dort vielfach erbohrt. Mit dem Fischwasserquarzit tritt jedoch das nördlichste natürliche Vorkommen des Cadomischen Gebirges in Europa an der Oberfläche zu tage. Allein das ist schon ein besonderes geologisches Alleinstellungsmerkmal. Ab hier fallen die Gesteine der Rothstein-Formation steil nach Norden in die Torgau-Doberlug-Finsterwalder Synklinale ein. Bei einer Synklinale handelt es sich um eine tiefreichende Gesteinsmulde die durch das seitliche Zusammenstauchen von Gesteinen entsteht. Mehr dazu in einem späteren Aufsatz.
Erstmals wissenschaftlich beschrieben wurde der Fischwasserquarzit von Karl-Cäsar Leonhard, Professor für Geognosie und Mineralogie an der Heidelberger Universität. Er bereiste um 1821 unsere Gegend und veröffentlichte dazu 1842 im Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde der Universität zu Heidelberg. Interessant dabei, er beschreibt einen „lichtgrauen Kieselschiefer ohne fremdartige Beimengungen“.
Abbildung 4: Auszug aus dem Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefaktenkunde. |
Bei der Beschreibung der Gesteine des Felsen in Rothstein, fällt Otto von Linstow eine Eigentümlichkeit auf. In den oberen Bereichen nehmen von unten nach oben die dunklen Bestandteile im Kieselschiefer schnell ab. Im Übergang treten noch häufig dunkle Flecken auf, die schließlich in einen reinen Quarzit wechseln, der von den Eigenschaften sowie der Farbe, vom Quarzit im Steinbruch bei Lugau-Fischwasser nicht mehr zu unterscheiden ist. Für ihn finden damit die im Steinbruch Fischwasser auftretenden dunklen Partien eine einfache Erklärung. Es sind die Vorboten des in der Tiefe befindlichen dunklen Kieselschiefers, heute als Grauwacke bezeichnet. Würde man im Steinbruch in Fischwasser eine Bohrung niederbringen, so sein logischer Schluss, würde man auf den unter dem Quarzit befindlichen Kieselschiefer stoßen.
In der späteren Literatur lassen sich leider kaum weitere Hinweise auf diese Gedanken mehr finden. Lediglich Arbeiter haben erwähnt, das an tieferen Stellen dunkles Gestein aufgetreten sein soll. Durch Fundstücke und Proben belegen lies sich das bisher nicht.
Erste Exkursion
Bei einer kleinen Exkursion am 29. September 2023 zum ehemaligen Steinbruch bei Fischwasser, fielen dem Autor und seinem Begleiter, die von Otto v. Linstow beschriebenen dunkelgrauen bis blaugrauen Einschlüsse im Anstehenden Fischwasserquarzit auf.Abbildung 5: Flecken im Gestein des Fischwasserquarzit. |
Abbildung 6: Blaugraue Flecken im Fischwasserquarzit. |
Abbildung 7: Felsenrest mit Übergang von Fischwasserquarzit (rechts unten) zu Grauwacke (links). |
Bei der Exkursion erfolgte eine erste Bestandsaufnahme der Wechsel und Vorkommen dunkler Partien in den anstehenden Gesteinen. Die hereinbrechende Dämmerung beendete jedoch die Arbeiten.
Zweite Exkursion
Bei einer weiteren Exkursion am 03. Oktober 2023, nun mit besserer Ausrüstung und einem ordentlichen Zeckenschutz, wurden die ehemaligen Halden am Nordende des Steinbruchs näher unter die Lupe genommen. Warum? In Vorbereitung der Exkursion wurde von der Annahme ausgegangen, das die unbestätigten Informationen über dunkle Gesteinsfunde einen wahren Kern enthalten könnten. Sollten Arbeiter in der Vergangenheit in den tieferen Schichten auf Grauwacken gestoßen sein, müsste der Abraum davon Spuren oder auch Reste enthalten. Und wenn es nur in Form von winzigen Splittern oder Absprüngen der dunklen Gesteine ist.Völlig unerwartete Unterstützung erhielt die Exkursion von einem dort lebenden Fuchs. Dieser hat in eine der Halden seinen Bau eingerichtet und dabei Handstücke und Splitter von schwarz-blauer Grauwacke zu Tage gefördert. Das ersparte der Exkursion einige Arbeit.
Abbildung 8: Erste Fundstücke von Grauwacken im Steinbruch Fischwasser. |
Abbildung 9: Grauwacken-Fundstücke am Fuchsbau. |
Abbildung 10: Vergleich Rothstein-Grauwacke und Fischwasser-Grauwacke. |
Anschießend hat die Exkursion vom 03. Oktober 2023 noch mal alle Hinweise fotografisch dokumentiert. Bei diesen Arbeiten wurden weitere Entdeckungen gemacht. So wurden in einem anstehenden Felsen des Fischwasserquarzits am Nordostende linsenförmige Einschlüsse gefunden.
Abbildung 11: Linsenförmiges Gebilde im Fischwasserquarzit. |
Fließstrukturen im Fischwasserquarzit
Abbildung 12: Schwarze schlangenförmige Einschlüsse im Fischwasserquarzit. |
Abbildung 13: Detail der schwarzen Einschlüsse im Fischwasserquarzit. |
Erdbeben im Steinbruch?
Ein Fundstück am Nordrand des Steinbruchs brachte eine Brekzie zu tage. Im Gegensatz zu den bisherigen Beobachtungen im Steinbruch Fischwasser, ist hier ein klarer diskordanter Übergang zwischen Fischwasserquarzit und Gesteinsfragmenten der Grauwacken gut erkennbar.Abbildung 14: Weitere Grauwacke-Funde. Dabei links eine Brekzie mit klarem Übergang von Grauwacke zum Fischwasserquarzit. |
Abbildung 15: Grauwacke-Brekzie auf Fischwasserquarzit in einer Detailaufnahme. |
Stress im Fischwasserquarzit
Das auch der Fischwasserquarzit heftigen tektonischen Beanspruchungen ausgesetzt war, zeigt ein anderer Felsenrest.Abbildung 16: Fischwasserquarzit mit Stress und Verwerfungen. |
Strömungsmarken im Fischwasserquarzit?
Ein Fragment des Fischwasserquarzits fiel beim Fotografieren mit weißem Licht besonders auf.Abbildung 17: Strömungsmarken in Fischwasserquarzit. |
Im Gestein sind feine ineinander laufende dunkle Streifen erkennbar. Sie ähneln sehr dem Querschnitt von fossilen Strömungsmarken und Wellenrippeln, wie sie häufig in fließenden Gewässern, am Meeresboden, in Trübeströmen der unterseeischen Kontinentalhänge oder in Dünen vorkommen.
Aus der Entstehungsgeschichte der Rothstein-Formation ist bekannt, dass deren Grauwacken und Quarzite auf Turbidite in der Tiefsee zurück gehen. Ein Turbidit ist eine geologische Ablagerung eines Trübestroms, der aus einer Mischung aus fließendem Wasser und Sedimenten besteht. Diese Turbidite weisen manchmal typische Strömungsmarken und Wellenrippeln auf.
Es liegt also nahe das in diesem kleinen Fragment des Fischwasserquarzits tatsächlich Spuren solcher Strömungsmarken erhalten geblieben sind. Nach über einer halben Milliarde Jahren sehr Bemerkenswert.
Was sonst noch gefunden wurde
Historisches Werkzeug der Arbeiter vom Steinbruch Fischwasser
Ein ungewöhnliches Stück stark verrosteten Eisens fiel einem Teilnehmer am Wegrand auf. Vor allem sein hohes Gewicht, dass sehr deutlich über dem einer Eisengeode oder Raseneisensteins lag.Abbildung 18: Altes Werkzeug von oben. |
Abbildung 19: Altes Werkzeug seitlich. |
Kieselschiefer eines Flusses?
Beim begehen der Halden des Steinbruchs bei Fischwasser und der unmittelbaren Umgebung, fielen den Teilnehmern immer wieder schwarze und stark gerundete kleine Kieselschiefer auf. Ihre Häufigkeit ist auffällig.Abbildung 20: Schwarze gebänderte Kieselschiefer. |
Umgeben ist der Steinbruch von Diluvialen Sanden. Diluviale Sande sind Ablagerungen, die während der Eiszeit durch Gletscherbewegungen und Flusserosion entstanden sind. Sie sind charakterisiert durch ihre grobkörnige Zusammensetzung. Interessanter Weise lassen sich in der unmittelbar benachbarten Kiesgrube keine Kieselschiefer in den Sanden finden.
Möglicherweise ist die Quelle für die schwarzen Kieselschiefer aber ein alter Flusslauf. Denn die Eismassen entwässerten Richtung Süden und Südwesten. Die Funde sind aber hauptsächlich auf den Halden und im nördlichen Teil des Steinbruchs zu finden. War der Fischwasser-Felsen ein Hindernis für einen nach Norden fließenden Fluss, in dessen Strömungs-Lee sich diese kleinen schwarzen Kieselschiefer offenbar absetzten? Durch die Förderung sind die kleinen Kiesel in den Abraum gelangt. Ob es sich tatsächlich so verhält, können nur weitere Untersuchungen zeigen.
Weitere Forschungen notwendig
Auch 200 Jahre nach seiner ersten bekannten Beschreibung, hat der Steinbruch bei Fischwasser noch nicht alle seine geologischen Geheimnisse erzählt. Es wird sicher noch interessant weitere Forschungen vorzunehmen. Die Notwendigkeit ergibt sich schon aus den weiter oben offen gebliebenen Fragen. Es kann also noch spannend werden.Natur pur
Abbildung 21: Foto vom Ostufer des kleinen Restlochs. |
Abbildung 22: Frosch im Wasser des Steinbruchrestlochs. |
Zeit den Steinbruch des Fischwasserquarzit als Geologisches Denkmal im Elbe-Elster Kreis zu schützen.
Die bisher gewonnenen Erkenntnisse sind bei weitem nicht abschließend. Auch nicht die Recherchen. Doch die bisher zusammengetragene Erkenntnisse zeigen ein geologisches Kleinod, was so einmalig in Brandenburg sein dürfte. Mit dem Fischwasserquarzit ragt der nördlichste Punkt des Sächsich-Brandenburgischen Grundgebirges überhaupt aus der Erdoberfläche hervor.Sein extrem hohes Alter der Gesteine, die ungewöhnliche geologische Geschichte und seine Exposition in der Landschaft, wie in der Geologie, lassen diesen kleinen Steinbruch mit seinen unscheinbaren Quarziten und Grauwacken sehr schützenswert erscheinen.
Von den vier natürlichen Fundstellen der Rothstein-Formation in der Niederlausitz, existieren nur noch zwei, wie richtigerweise das Kompendium der Geologie Ostdeutschlands von Dietrich Franke vermerkt. Der Rothsteiner Felsen und der Steinbruch bei Fischwasser. Die natürlichen Fundstellen bei Prestewitz und am Hornberg sind längst der menschlichen Nutzung zum Opfer gefallen. Übrigens befinden sich alle nur im Elbe-Elster Kreis. Wäre es nicht an der Zeit etwas zum Erhalt zu tun?