Oder wie eine Goldammer spontan einen Arbeitsablauf aufbaute.
Tiere machen manchmal seltsame Sachen. Doch sie tun das selten ohne Grund. Vögel sind da keine Ausnahme. Und manchmal sind auch kleine Vögel erfinderisch.
Das Stellwerk Abzweigstelle Lindthal befand sich etwas abgelegen im Wald der Lindthaler Bauernheide. Zwischen den Zugfahrten bot es gute Voraussetzungen für interessante Tierfotos. So auch im kühlen Frühjahr 2016.
Kohlmeise bei der Arbeit auf dem Stellwerk Abzweig Lindthal. |
Ein kleiner Schwarm Kohlmeisen hatte sich um die unter dem Vordach hängenden Meisenkugeln versammelt. Kurz danach gesellte sich ein gelber sperlingsgroßer Vogel dazu. Aufmerksam verfolgte er das Treiben um die Meisenkugel.
Herunterfallende Getreidekörner sammelt er auf. Nachdem er das Getreidekorn im Schnabel geprüft hatte, verschwand er in der Dachrinne des Vorbaus vom Stellwerk.
Goldammer-Männchen beim Aufsammeln der von den Kohlmeisen fallengelassenen Getreidekörnern. |
Nach etwa einer Minute tauchte er wieder auf. Sein nächstes Ziel, der umlaufende Blitzableiter auf dem Vordach. Besonders das kleine Betonstativ des Blitzableiters fand sein Interesse. Es wurde erklettert und mit einer sehr schnellen Kopfbewegung, warf er das Getreidekorn auf das Betonstativ.
Prallte es ab, wurde es sofort wieder aufgesammelt und der Vorgang wiederholte sich.
Goldammer-Männchen wirft eingeweichtes Getreidekörnchen gegen dem Blitzableiter. |
Aufgesammelt und das Ganze noch mal. |
Goldammer dreht und wendet das Getreidekorn im Schnabel. |
Goldammer-Männchen, durchgekaut und am Blitzableiter fallen gelassen. |
Offenbar hatte der Vogel eine clevere Methode entwickelt, um die von den Kohlmeisen verschmähten Getreidekörner zu bearbeiten und damit für sich nutzbar zu machen. Im Laufe der Schicht hatte der kleine Vogel so einen regelrechten kleinen Wall an zertrümmerten Körnern um den Blitzableiter angehäuft. Welchen Inhalt der Getreidekörner ihn besonders interessierte, war wegen seiner flinken Bewegungen nicht zu erkennen. Doch die Vermutung liegt nahe, es könnte der Keimling sein.
Fand eine der häufigen Zugfahrten statt, verschwand der Schwarm samt Goldammer. Zwischenzeitlich tauchte ein Buchfink auf. Die Vorbeifahrt der Züge nutzte er um immer mal von der kleinen Getreidehalde am Blitzableiter zu profitieren. Ihm schienen die Körnerreste um den Blitzableiter verführerisch genug, um selbst eine ausgewachsene Dampflok zu ignorieren.
Buchfink-Besuch am Goldammer-Arbeitsplatz. |
In unserer Sichtweise als Menschen unterschätzen wir oft kleine Tiere und ihre geistigen Fähigkeiten. Hier hat ein kleiner Vogel recht spontan eine regelrechte Kette an Arbeitsabläufen entwickelt, um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen. Dazu hat er die Arbeit der Kohlmeisen einfach fortgesetzt. Eine erhebliche geistige Leistung für so ein kleines Vogelgehirn, oder?
Gegen Mittag war die Meisenkugel alle. Mit dem Kohlmeisenschwarm verschwand auch das Goldammer-Männchen. Dem Buchfinken schien die plötzliche Einsamkeit auch nicht recht geheuer. Zurück blieb ein kleiner Ring an zertrümmerten Getreidekörnern um den Blitzableiter.
Wikipedia: Vogelporträt der Goldammer
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Blog: Mit 8 Megapixeln durch die Niederlausitz.
Autor: Vel Thurvik
Fotos: Vel Thurvik
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